Unser 1. Engel: Jospeh-Lennard

 

Am Dienstag, den 27.11.2007 um 21:45 Uhr kamst du in der HSK Wiesbaden zur Welt. Du wurdest von uns allen soooo sehr herbeigesehnt. Wir malten uns schon aus, wie wir gemeinsam die Welt entdecken. Allerdings hielten wir Dich zu früh in unseren Armen. Nach nur sieben Monaten in Mamas Bauch hätten Deine Lungen noch ein paar Tage gebraucht, um Dir ausreichend Atem zum Leben zu geben. Nach Tagen der Ungewissheit und des Kampfes hast Du kleiner Kämpfer Dich für das Leben Deiner Mutter entschieden. Damit Dein Kampf nicht vergessen wird, erzähle ich nun die Geschichte Deines kurzen Lebens....

 

Die schrecklichen Tage des Bangens und Wartens begannen am 18.11.2007.

An diesem Abend spürte Josephs Mama, dass ihr Bauch hart wurde. Als dann auch leichte Blutungen einsetzten, machten sich Josephs Eltern auf zum Krankenhaus, um abklären zu lassen, dass es Joseph gut ging. Zunächst legte man den Wehenschreiber an, der allerdings keine Wehe anzeigte. Dem kurzen Moment der Erleichterung folgte gleich ein schwerer Schock. Plötzlich kam ein Schwall Wasser ... - Fruchtwasser. Durch den Blasensprung öffnete sich der Muttermund auf 3 cm. Das bedeutete augenblicklich strikte Bettruhe. Von Ruhe war allerdings nicht mehr die Rede. Von jetzt auf gleich schien die Welt ins Wanken zu geraten und man konnte nichts tun, nur Abwarten.  Joseph durfte sich nicht falsch bewegen. Jede Bewegung hätte die Nabelschnur durch den offenen Muttermund drücken und die lebensnotwendige Versorgung unterbrechen können. Bis die Ärzte alle Eventualitäten abgewägt hatten, wo Josephs Mama in dieser "hohen" Schwangerschaftswoche am besten aufgehoben war, lag sie im Krankenhaus Limburg und wurde erst 2 Tage später liegend in die HSK nach Wiesbaden gebracht.

Sie bekam - immer noch Tag aus Tag ein liegend - Antibiotika, um eine Infektion zu verhindern, die dem Kind schaden und die Geburt auslösen könnte. Zu diesem Zeitpunkt blickten alle wieder optimistischer in die Zukunft. Doch immer wenn man dachte es geht ein Stück aufwärts, kamen prompt schlechte Nachrichten. Plötzlich bekam Josephs Mama am Montag, den 26.11.2007 am ganzen Körper juckenden, roten Ausschlag. Wie sich herausstellte war dies auf eine Allergie gegen zwei von nur drei wirksamen Antibiotika zurückzuführen. Die Ärzte entschieden daraufhin, die Wehenhemmer abzusetzen, um eine schnellere Ausbreitung, was dem Kind schaden könnte, zu verhindern. Außerdem setzten sie sofort alle Antibiotika ab. Zu diesem Zeitpunkt ging es schon um das Leben von Josephs Mama. Hätte man die Antibiotika länger gegeben, hätte dies zu einem Allergieschock mit tödlichem Ausgang führen können. Dienstagsmorgens war die Temperatur von Josephs Mama auf 37,8 Grad gestiegen. Sicherlich war dies auch darauf zurueckzufuehren, dass der Entzuendungswert ebenfalls auf 5 anstieg. Die Normgrenze liegt hier bei 0,5. Dennoch waren wir bis zu diesem Zeitpunkt noch voller Hoffnung, dass wir das Fieber und die Allergie stoppen könnten. Um 18 Uhr stieg jedoch das Fieber auf 39,5 Grad. Umgehend verlegte man Josephs Mama in den Kreissaal.

Ab da war es Gewissheit, dass mich das ungute Gefuehl, das ich den ganzen Tag hatte und mich nicht heimfahren ließ, nicht täuschte. Im Kreissaal wurde sofort alles unternommen, um das Leben von Joseph-Lennards Mutter aber auch von dem Kleinen selbst zu retten. Immer noch hörten wir uns aufmunternde Worte sagen. Wir konnten nicht glauben, dass dieses Wunschkind jetzt um sein Leben und um das der Mutter kämpfte. Um 20 Uhr setzten leichte Wehen ein. Die Ärzte berieten schon was zu tun sei, um das Leben der Mutter zu retten. Zu dem Zeitpunkt als die Ärtze schon die Entscheidung über das Leben des kleinen Kämpfers entscheiden wollten und seine Eltern damit in tiefe Verzweiflung gestürzt hätten, wurden die Wehen von selbst immer stärker. So entschied sich Joseph-Lennard aus eigener Kraft für das Leben seiner Mutter. Die folgenden Minuten waren schrecklich. Auf natürlichem Wege ein Kind auf die Welt zu bringen, zu wissen, dass es möglicherweise zu früh ist, aber die Hoffnung und Kraft nicht zu verlieren... Dies alles brauchte übermenschliche Kräfte. Sicherlich ist dies der einzige Grund, der ein wenig tröstend ist und das Warum etwas erträglicher macht … denn Joseph-Lennard wurde für das Leben seiner Mutter geboren. Er ist unser kleiner Held. Er lebte, konnte aber nicht überleben. Er war noch etwas zu schwach.

Um 21:45 Uhr blieb die Welt stehen. Wir alle waren fassungslos über das, was da gerade geschehen war. Wieso musste dieses unschuldige, so geliebte Wesen sterben? Dennoch, trotz der schweren Stunde, waren wir doch irgendwie "glücklich", denn wir durften unseren kleinen Kämpfer 3 Stunden lang kennenlernen, ihn im Arm halten, küssen, uns sein Bild einprägen und in Ruhe Abschied nehmen. Genau in diesem Moment überwältigen uns die Gefühle und Gedanken. Plötzlich sieht man Bilder von Momenten vor sich, die man mit dem Kleinen gerne erlebt hätte. Dann wird einem schmerzlich bewusst, dass es vorbei ist. Wie schlimm!!!

Er war so perfekt und schön. Innerlich als auch äußerlich fehlte dem Kleinen nichts. Er war unser perfektes, kleines Wesen. Nach einigen Minuten der ersten Trauer erhielt Joseph-Lennard die Nottaufe.

Seinen Platz erhält Joseph nicht nur in unseren Herzen, sondern auch auf dem Friedhof. Er liegt im Grab der Urgrosseltern begraben. Seinen Platz ziert ein Engel.

 

Nach diesen schweren Erlebnissen und Schicksalsschlägen ist das einzig Positive, dass wir nun sicher wissen, was für eine tolle Familie wir haben.

 

Abschließen möchte ich mit dem Zitat der Eltern von Joseph-Lennard:
"Wir brauchen Zeit, wir sind sehr verletzt und trauern, aber wir haben Freunde und Familie, die zu uns halten. Der Wunsch nach einem Kind ist so groß, dass wir dann nächstes Jahr einen erneuten Anlauf starten werden." 

Nur 3 Stunden,
in denen Du bei uns warst.

Nur 3 Stunden
mit Dir, der Du unser Traum warst.

Nur 3 Stunden,
im Vergleich zum Leben so kurz.

Nur 3 Stunden,
was würden wir für eine weitere Sekunde mit
Dir geben?

Nur 3 Stunden,
in denen Dich 10 Hände hielten, die es gerne
ein Leben lang getan hätten.

Nur 3 Stunden,
in denen wir  "Hallo" und
"Auf Wiedersehen" sagen mussten.

Nur 3 Stunden,
in denen wir so stark eine Familie gefühlt
haben.

Nur 3 Stunden,
in denen wir zur stolzesten Mutter,
stolzestem Papa, stolzesten Patentante und
stolzesten Großeltern wurden.

Aber 3 Stunden,
die so weht taten und dennoch so glücklich
waren.

Aber 3 Stunden,
die uns so stark gemacht haben.

Aber 3 Stunden,
in denen wir soviel Liebe gefühlt haben.

Aber 3 Stunden,
die wichtiger und bedeutender sind als
Lichtjahre.

Aber 3 Stunden,
in denen Du schon ein Held warst.

Aber 3 Stunden,
in denen wir fühlten, wie besonders Du bist
und wir wussten wie wichtig Du uns, kleiner
Krümel, bist.

Aber 3 Stunden,
in denen Du für uns unsterblich wurdest.

Es war nicht umsonst!
Von Dir, kleinem Kämpfer, können wir soviel
lernen. Wir werden Dich nicht vergessen. So
lange unsere Herzen schlagen, denken wir an
Dich - Joseph - Lennard - kleiner Engel!

Das Gedicht entstand 2007.
 

© Verena Martin